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Lago und Vulkan Villarrica

Chile Mitte und Süd, 21.9. 2019- 28.10.2019

Die Chilenische Grenzabfertigung läuft recht speditiv. Der Grenzbeamte will aber noch in den Kühlschrank blicken, findet aber weder Fleisch , Eier noch Gemüse, denn was mir lieb ist habe ich vor dem Zoll in den Schuhkasten verstaut. Dann öffnet er noch die Besteckschublade und die darunter liegende Vorratsschublade. Seine Augen leuchten auf, er hat Zwiebeln entdeckt und schwups beschlagnahmt - verbotene Einfuhr von Agrarprodukten. Sein Suchinstinkt wart befriedigt und ich durfte weiter fahren. Die Landschaft ist bezaubernd, Föhrenwälder, Gebirgsbäche, Schluchten, Seen und steile Passstrassen. In der Nähe von Curarrehue besuche ich eine Therme mit 15 verschiedenen Pools und konnte auf dem Parkplatz Übernachten. Am nächsten Tag erreiche ich Pucon mit dem rauchenden Vulkan Villarrica, 2840 m, schön am See gelegen mit langem schwarzen Lava-Sandstrand. Osterglocken und Tulpen blühen und das Städtchen rüstet sich für die ersten Frühlingstouristen. Ein holländisches Paar erzählt mir von ihrem Skierlebnis auf dem Vulkan und mein nächster Tag ist geplant. Auf einer Piste aus Lavagestein fahre ich den Vulkan hoch bis zum ersten Sessellift, hier miete ich die Skiausrüstung und löse eine Tageskarte zum Gesamtpreis von sFr. 40.00. Die Liftanlagen haben einige Jahre auf dem Buckel und die Pistendeckleration wird Anfängergebiet nicht übersteigen aber das Nachwuchskader der Chilenischen Nationalmannschaft trainiert Riesenslalom, einige Touristen vergnügen sich im Schnee und Skitourengruppen sind unterwegs zum rauchenden Gipfel. Es sind für mich fantastische Bilder, auf dem Sessellift die schöne Bergform und den weissen Rauch in den blauen Himmel steigen zu sehen. So schnell werde ich diesen Tag nicht vergessen. Am Seeufer entlang Richtung Stadt Villarrica herrscht rege Bautätigkeit, Hotels und Wohnblocks werden hochgezogen. Die Stadt Villarrica hat eine moderne Infrastruktur, moderne Wohnblocks und eine schöne Strandpromenade mit Radweg und vielen Verkaufsständen mit Selbstproduziertem. Der Blick am Nachmittag und Abend über den See zum im Sonnenlicht strahlenden Vulkan Villarrica ist Atemberaubend. Die Gegend in dieser Seenregion ist beliebtes Wohn- und Ferienziel, landschaftlich vergleichbar mit Gegenden in der Schweiz, Süddeutschland oder Österreich. Hier her sind auch die meisten Europäischen Auswanderer gezogen um ihr neues Glück zu finden. Deutsche Ausdrücke wie Kuchen, Strudel und Selbstgemachtes sind überall zu finden, die meisten Häuser sind geschindelt und Europäische Namen von Firmen und Restaurants prägen das Strassenbild. Ich versuche die meisten Seen zu Umrunden, freie Zugänge ans Wasser sind aber selten. Die Zufahrten sind mit Zäunen gesperrt und viele Schilder mit "Privat" versperren den Seezugang. Am Lago Ranco finde ich Wege ans Wasser und ein älterer Angler zeigt mir Fotos seiner vor kurzem gefangenen Riesenforellen bis zu einem Meter Länge. Nun hat das Angelfieber mich wieder gepackt und am nächsten Morgen ist der erste Lachs vor dem Frühstück im Kühlschrank. Über Rio Bueno und Osorno ereiche ich Frutillar am Lago Llanquihue. Auch hier sind die Häuser im Deutschen Stil gebaut und an den Fenstern hängen Spitzenvorhänge, die Restaurants haben Namen wie zur Mühle oder Hirschen. Das moderne Teatro del Lago wurde von einem Deutschen Architekten auf Pfählen in den See gebaut. Hier finden Konzerte und Darstellungen von Weltklasse statt. In Puerto Varas, 20 Minuten südlich von Frutillar, sieht man die beiden Wächter über den Lago Llanquihue, die schneebedeckten Vulkane Osorno und Calbuco. Mehrere grosse Einkaufscenter und alle bekannten Outoorausrüster sind hier anzutreffen. Rafing, Kajakfahren, Wandern, Skifahren und Angeln werden hier angeboten. Hotels der grossen Ketten und Top-Restaurants säumen die Strasse und sind jeden Abend voll besetzt, dass sogar auf der Strasse angestanden wird. Anscheinend geht es der Bevölkerung hier gut, für mich sind die Preise zu hoch.

Ich beschliesse in dieser Gegend den Frühling abzuwarten da ich am See einen guten Übernachtungsplatz gefunden habe, von wo aus ich in 10 Minuten zu Fuss das Zentrum erreiche. Am Wohnmobil sind noch zwei Kleinigkeiten zum Reparieren, die Mercedesgarage ist in der Nähe und meine erste Grippe auf dieser Reise muss auch auskuriert werden. Als Auto und Fahrer wieder einsatzfähig sind besuche ich die Insel Chiolé im Südwesten. Über die Insel fegt normalerweise ein starker Wind mit häufigem Niederschlag, aber ich hatte das Glück, drei Tage blauen Himmel zu bestaunen. Viele Schafe und einige Rinder grasen die Weiden ab, das Hauptgeschäft ist aber die Lachszucht. Riesige Käfige sind in jeder Bucht verankert und werden mit Booten vom Ufer aus bewirtschaftet. In allen Dörfern sind unzählige Stände mit grob gestrickten Pullovern, Mützen, Handschuhen und Stulpen. In der Nähe von Ancud besuchte ich die Pinguinseln und wurde als einziger Gast mit einem 35 Personenboot durch die Inseln gefahren. Einige Pinguine sind bereits an ihrem Brutort eingetroffen, von den zwei gelegten Eiern wird eines ausgebrütet. Auf das zweite Ei warten bereits die Möven und Komorane. Bei der Bootsfahrt wurde ich von fünf Delfinen begleitet die neben dem Boot schwammen und immer wieder den Kopf aus dem Wasser streckten, ein unglaubliches Erlebnis. Bei Dalcahue wechselte ich auf die Insel Quinhao mit dem schönen Hauptort Achao. Auf beiden Inseln stehen viele alte Holzkirchen die Teilweise ohne einen einzigen Metallnagel die heftigen Stürme überstehen.

Wieder zurück in Puerto Varas muss der Haushalt erledigt werden, Lebensmittel einkaufen, Wäsche machen und Staubsaugen. Danach besuchte ich in der Nähe von Ensenada die grüne Lagune die bei Sonneneinstrahlung ihre Farbenpracht offenbart und geniesse den schönen Wanderweg durch den Südbuchenwald. Die in der Nähe liegenden Wasserfälle von Petrohue sind beeindruckend auch wenn der dahinter liegende Vulkan Osorno nebelverhangen ist. Die Wanderwege am reissenden Fluss entlang führen durch schöne Wälder mit Hinweisschilder auf Pflanzen und Tierwelt. Ab Petrohue kann auf einer mehrtägigen Wandertour San Carlos de Bariloche in Argentinien erreicht werden. Der Ort selber besteht aus einem grossen Parkplatz, einem Museum, einer Lodge, Restaurants und einem Bootssteg, wo Fahrten über den milchigen Gletschersee angeboten werden.

Am 11. Oktober starte ich um endlich den Süden, Patagonien und Feuerland, zu erkunden. Die Strasse in Chile heisst Carratera Austral und schlängelt sich fast 2000 km an Gletschern, Urwälder, Vulkanen, Fjorden und Seen vorbei, durch Sümpfe, Steppe und über Berge. Das Gebiet ist nur spärlich besiedelt und ein Schnee- und Regenloch, dafür bezaubert die grüne Natur, die schwarze Lavaerde, die vielen wilden Flussläufe und Seen. In Hornopiren fahre ich das erste Mal auf die Fähre. Durch einen schmalen Fjord erlebe ich alle Nuancen des patagonischen Wetters, Sonne, Nebel und Regen und erreiche nach vier Stunden Leptepu. Hier beginnt eine Landpassage durch den Urwald von 45 km um auf Fähre zwei zu kommen, die mich in einer Stunde nach Caleta Gonzalo bringt. Diese Orte bestehen meistens aus einem Restaurant und einigen einfach Unterkünften. Am Wegesrand sind National Parks und Wanderwege anzutreffen, besonders beeindruckt haben mich 3000 Jahre alte Bäume die immer noch grünes Laub entwickeln und der rauchende Vulkan Chaitén. Er ist 2008 völlig unerwartet explodiert, die ganze Gegend musste evakuiert werden, Rauch- und Aschewolken erreichten Buenos Aires und legten den Flugverkehr für längere Zeit still. Auf einem Wanderweg erreiche ich in zwei Stunden den Nachbarberg und kann aus 500 m Distanz den aus vielen Löchern dampfenden Vulkan und die durch die Explosion entstandenen Baumskelette bewundern. Der Strand von Santa Barbara zählt zu den schönsten. Die Delfine in der Bucht lassen sich aus dem Wohnmobil beobachten und das Wetter ist sommerlich warm. Chaitén bietet nicht viel, eine Internet-Verbindung finde ich nicht und der örtliche Metzger verkauft nur tiefgekühltes Fleisch, also geht es weiter nach Süden. Die grosse Freiheit ist kaum zu finden, auf beiden Seiten der Strasse ist über hunderte von Kilometern ein massiver Zaun mit vier Drähten errichtet, die Zugänge zu den Flüssen und Seen sind verschlossen oder als Privat markiert. An den wenigen Stellen wo ich ans Wasser kann versuche ich es immer mit Angeln, der Traum von der riesen Forelle ist sehr stark. Die Fänge sind nicht schlecht, schöne Portionenforellen, dass ich jede Woche 2 - 3 mal Fisch essen kann. In Puyuhuapi , an einem Fjord tief ins Landesinnere, begegnen mir mehrere wunderschön gepflegte englische Veteranenautos, die eine Südamerika Rally bestreiten. Für mich wäre das Auto zu schade, aber es beweist wieder einmal, dass alte englische Qualität der heutigen überlegen war. Die Natur im Frühling ist fantastisch. Sattes grün im Talboden und dahinter schneebedeckte Berge. Dazu habe ich immer noch Wetterglück, blauer Himmel, fast kein Wind und kein Regen. An einem kleinen See konnte ich einen Fischotter beim Sonnenbaden beobachten, fantastische Momente, aber schade, dass mein kleiner Freund nur Forellen frisst. Im National Park Queulat erreiche ich über schön angelegte Wanderwege die Aussichtspunkte zum hängenden Gletscher. Der Eintritt von SFr. 12.00 ist aber sehr stolz und die Bootsfahrt unter den Gletscher muss noch separat bezahlt werden. Die Carratera Austral verläuft durch abwechselnde Landschaften und so ist auch ihr Zustand. Teilweise Asphaltiert, meistens gut geschottert mit Schlagloch- und Wellblechpassagen. Der Abstecher nach Puerto Aysen und Puerto Chacabuco hat sich nicht gelohnt, es gibt schönere Orte und Hängebrücken. Die Piste zum Lago Riesco würde ich auch ein zweites mal fahren. Der lange schwarze Sandstrand und der grosse Picknickbereich sind beeindruckend, das Wetter leider nicht, Wind, Nebel und Schneegraupel und so war es nicht überraschend, dass ich alleine war. Die Stadt Coyhaique ist eines der letzten Wirtschaftscenter im Süden. Schöne Parkanlagen, eine Einkaufsstrasse und alles was die Cowboys in der weiten Umgebung benötigen ist hier erhältlich. Etwas südlich, in einem schönen Seitental liegt der tiefblaue Lago Elizalde. In einer Bucht werden die ersten Kajak- und Schlauchboottouren unternommen, parkier Möglichkeiten gibt es aber keine ausser auf der schmalen Zufahrtsstrasse und so ist nichts mit Übernachten am schönen See. Der nächste See, der Lago  Paloma ist zwischen Felswänden eingebettet, der Wind fegt über das Wasser und die Bäume am Ufer haben nur auf der Nordseite Äste. Der Frühling ist im Anmarsch, die wilden Johannisbeeren sind übervoll mit Blütentrauben und ein grosser bunter Eisvogel lässt sich blicken. In den Nächten fällt öfters Niederschlag, 200 - 300 m über dem Tal als Schnee und lässt die Berge über Tag in weisser Pracht im blauen Himmel glänzen. In Puerto Ingeniero Ibanez sehe ich das erste mal den 1850 km2 grossen Lago General Carrera. Er gehört halb zu Chile und halb zu Argentinien, wo er Lago Buenos Aires genannt wird. Das grünblaue, windgepeitschte Meer in mitten der Steppe Patagoniens wird von einer holprigen, kurvenreichen Strasse umgeben. Der grösste Zufluss, der Rio Ibanez, schwemmt über einen tosenden Wasserfall tausende von Tonnen Sand und Gestein in den See und lässt Weideflächen auf dem Schwemmland entstehen. In Puerto Rio Tranquilo besuche ich mit dem Boot die Cavernas de Marmol. Vor einigen tausend Jahren haben Gletscher und Wasser diese Löcher in den Fels gefressen und diese Naturwunder entstehen lassen. Das smarakt grüne Wasser und diese Fenster im Felsen lassen mir den Atem stocken und das an einem Tag ohne Wind und Wellen, laut Bootsführer gibt es keine 10 solcher Tage im Jahr. Das Valle Exploradores soll und ist zum Angeln ein Paradies und mit dem Monte San Valentino, 4058 m, beheimatet es einer der höchsten Berge Patagoniens. Auch der Blick auf den Gletscher San Valentino ist atemberaubend. In einer Schlaufe kriecht er von 4000 m auf 200 m hinunter, wo er zerfällt und schmilzt. Den Ausfluss des Lago General Carrera überspannt eine mächtige Hängebrücke. Hier finde ich einen schönen Übernachtungsplatz mit Angel Möglichkeit und erwische einige prächtige Forellen die ich mit Fränzi und Moritz aus Stuttgart genüsslich verspeise. Auch die Vorspeise von Moritz, rohe Forelle mit Zitronensaft, Zwiebeln und Koriander schmeckt vorzüglich. In den Lagos Betrand und Esmeralda sah ich so grosse Forellen wie ich es nicht für möglich hielt. Forellen von über einem Meter Länge schwammen im seichten Bereich dem Ufer entlang und würdigten meiner Köderauswahl keines Blickes. Mit was ist so ein Riese an die Angel zu bekommen, nur für ein Foto, danach würde ich sie wieder frei lassen. Ich habe alles ausprobiert, leider bis jetzt ohne Erfolg. Der grünblaue Rio Baker ist mein Begleiter Richtung Cochrane und weiter nach Caleta Tortel. Hier hat mich das Patagonienwetter eingeholt, Nebel und Regen. Caleta Tortel liegt an einem langen Fjord wo der Rio Baker in den Pazifik mündet. Die Häuser sind alle auf Pfählen gebaut auch die am Berghang. Über Holzstege und Treppen sind alle miteinander verbunden, das Wegnetz beträgt über 8 km. Die Zufahrtsstrasse endet beim Aussichtspunkt mit Parkplatz über dem Dorf. Im ganzen Dorf wird gebaut, ein Wasser- und Abwassernetz wird erstellt was auch dringend nötig ist, denn in einigen Ecken riecht es auch bei kühlem Wetter eher unangenehm. Hier besteht keine Möglichkeit weiter in den Süden zu fahren und ich muss wieder an den Lago General Carrera zurück um auf der Südseite nach Chile Cico zu gelangen. Die schmale Schotterstrasse ist meistens hoch über dem See in den Fels gesprengt. Senkrechte Abgründe, steile Rampen und begrenzte Kreuzungsstellen hauchen ihr ein wenig Abenteuer ein. An der einzigen Stelle mit Zugang zum See versuche ich wieder mein Anglerglück. Nach wenigen Würfen erfolgt ein heftiger Biss und ein tobender Kampf. Als die Monsterforelle am Ufer ist schüttelt sie nochmals heftig den Kopf und die Schnur reisst - tschau, auf nicht Wiedersehen und wieder kein Foto. Einige Kondore und die prächtigen weissen Berge auf der Nordseite lassen meinen Frust verschwinden. Die leuchtende Laguna Verde und die Bahia Jara erfreuen mich ihres Blickes. In Chile Cico, dem letzten Dorf vor der Argentinischen Grenze, ist das Klima sehr mild. Die Strassen sind mit Aprikosen- und Kirschbäumen gesäumt die schon recht grosse Fruchtniggel tragen. Das erste Dorf ohne Einbahnverkehr und mit breiten Strassen. In den Geschäften ist ein grosses Warenangebot vorhanden, Früchte und Gemüse sind jedoch eher vom letzten Jahr.

Um weiter in den Süden zu gelangen muss ich nun nach Argentinien wechseln und dort auf der Ruta 40 weiter fahren. Es bleiben noch 2500 km bis zum befahrbaren südlichsten Punkt.


Gefahrene Strecke seit Reisebeginn 73'940 km

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